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Arbeitsverhältnis

Arbeitsrecht – Fragerecht des Arbeitgebers (BAG, Urt.v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12)

By Arbeitsrecht

Der Weg von der Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle bis hin zum Arbeitsantritt ist häufig nicht ganz unbeschwerlich. Vor dem ersten Arbeitstag erwarten einen potentiellen Arbeitnehmer oft sog enannte Assessment–Center, Probearbeiten und Bewerbungsgespräche. Es kann dann passieren, dass der Arbeitgeber über das Ziel hinausschießt und neben den Fragen nach beruflichen und fachlichen Fähigkeiten eigentlich unzulässige Fragen stellt. So sind etwa Fragen nach dem Gesundheitszustand, dem bisherigen Gehalt und einer Gewerkschaftszugehörigkeit nur sehr eingeschränkt zulässig, Fragen nach der Religions- oder Parteizugehörigkeit oder einer Schwangerschaft generell unzulässig. Relevant werden kann auch die Frage nach Vorstrafen oder laufenden Ermittlungen. Soweit dies die Interessen des Arbeitgebers berührt, ist eine solche Frage zulässig. Problematisch wird es dann, wenn die Vorstrafe eigentlich „gelöscht“ ist.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte im Jahr 2014 darüber zu befinden, ob eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses darauf gestützt werden kann, dass der Bewerber im Bundeszentralregister (BZR) bereits getilgte Vorstrafen nicht angegeben hat (BAG, Urt. v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12). Der Stellenbewerber und Kläger hatte sich um eine Stelle im Justizvollzugsdienst beworben. Auf die Frage nach Vorstrafen und laufenden Ermittlungen verschwieg der Kläger seine bereits getilgte Vorstrafe; als Jugendlicher verurteilt wegen Körperverletzung und Betruges. Das Führungszeugnis des Bewerbers enthielt auch aufgrund der aus dem BZR getilgten Verurteilung keinen Eintrag über Vorstrafen. Als das beklagte Land im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung Kenntnis von den ehemaligen Eintragung erhielt, kündigte es das Arbeitsverhältnis und focht dieses auch wegen arglistiger Täuschung an. Zu Unrecht entschied das BAG. Der vom Strafmakel befreite Kläger musste nicht von sich aus bereits getilgte Vorstrafen angeben. Hierfür bestand auch gar kein Interesse des Arbeitgebers, da getilgte Verurteilungen keine Aussage über die aktuelle Bewertung und Eignung des Bewerbers enthalten.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael