Thematik und Ausgangslage
grundsätzlich besteht kein Anspruch auf eine Abfindung. Diese wird in einem arbeitsrechtlichen Verfahren aufgrund von wechselseitigen Risiken verhandelt und vereinbart. In einem Kündigungsschutzprozess gibt es allerdings die Ausnahme des § 9 KSchG. hiernach kann das Gericht auch dann, wenn die Klage auf Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses erfolgreich wäre festlegen, dass eine weitere Tätigkeit unzumutbar ist und daher das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung endet. Dieser sogenannte Auflösungsantrag ist allerdings nur in Ausnahmefällen anwendbar.
In einem Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Köln (Urteil vom 09.07.2025 – 4 SLa 97/25) wurde einer Arbeitnehmerin nach einer sozialwidrigen Kündigung eine Abfindung von 68.000 Euro zugesprochen. Der Fall betraf eine langjährige Arbeitsbeziehung, die von wiederholten, unzulässigen Nachrichten des Geschäftsführers geprägt war, die in ihrer Form und ihrem Inhalt als sexuell unangemessen und belästigend angesehen wurden. Der Geschäftsführer hatte die Arbeitnehmerin sowohl verbal als auch durch persönliche Avancen und abwertende Kommentare unter Druck gesetzt, was zu einer erheblichen psychischen Belastung der Klägerin führte.
Sachverhalt und Verlauf des Verfahrens
Die Arbeitnehmerin war seit über vier Jahren in dem Unternehmen tätig und pflegte ein „freundschaftliches Verhältnis“ mit ihrem Vorgesetzten. Im Laufe der Zeit entwickelte sich dieses Verhältnis jedoch zunehmend problematisch. Der Geschäftsführer versandte über WhatsApp Nachrichten, die sexuell anstößige Bemerkungen, unangemessene Forderungen und beleidigende Äußerungen beinhalteten. Die Arbeitnehmerin fühlte sich dadurch zunehmend unwohl und war schließlich gezwungen, sich gegen das Verhalten ihres Vorgesetzten zu wehren.
Die Klägerin stellte eine Klage gegen die Kündigung ein und verlangte eine Abfindung von 70.000 Euro sowie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Das Arbeitsgericht Bonn hatte dem Antrag in erster Instanz stattgegeben, doch der Arbeitgeber legte Berufung ein. Das LAG Köln bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und hob die Kündigung als sozialwidrig auf, da das Verhalten des Geschäftsführers das Arbeitsverhältnis unzumutbar gemacht hatte.
Gerichtliche Bewertung und Abfindungshöhe
Das Gericht stellte fest, dass die Kündigung aufgrund des unzumutbaren Verhaltens des Geschäftsführers als sozialwidrig zu bewerten war. Die wiederholte Belästigung und die Eskalation des Verhältnisses führten zu einer Situation, in der eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich war. Das LAG Köln nahm auch die psychischen Belastungen der Klägerin in die Bewertung auf und sprach eine Abfindung in Höhe von zwei Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr zu. Dies führte zu einer Gesamtsumme von 68.000 Euro, die der Arbeitgeber an die Klägerin zahlen musste.
Fazit
Das Urteil des LAG Köln unterstreicht die Bedeutung des Schutzes von Arbeitnehmern vor unzulässigem Verhalten am Arbeitsplatz, insbesondere wenn es sich um Belästigung oder unangemessene Ausnutzung von Machtverhältnissen handelt. In diesem Fall wurde die Abfindung mit Blick auf die Schwere der Vorfälle und die psychischen Folgen für die Arbeitnehmerin festgelegt. Es zeigt, dass bei einer sozialwidrigen Kündigung und erheblichen psychischen Belastungen durch das Verhalten des Arbeitgebers eine hohe Abfindung gerechtfertigt sein kann.
Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael (mit Ass. KI)







